Biogas und Wasserstoff als Zukunft für Gasnetze?
Der Flächenbedarf und die Kosten sprechen dagegen, analysiert eine Studie des Borderstep Instituts, die im Anschluss an das Projekt Key Points der kommunalen Wärmewende entstanden ist. Trotz dieser Gegenargumente setzen kommunale Wärmepläne manchmal auf die vermeintlich „grünen“ Alternativen zum Erhalt des Erdgasnetzes, wie das Beispiel der Versorgungsbetriebe Bordesholm (VBB) zeigt. Die VBB nehmen damit die Ängste vieler Menschen und auch vieler Energieversorgender auf, wirtschaftlich führt dies jedoch in eine Sackgasse. Die Studie rechnet das am Beispiel Bordesholm nach. Sie kann kostenfrei heruntergeladen werden.
Der Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Bordesholm (VBB) gab im Juni 2023 den „Kieler Nachrichten“ ein Interview zur Frage der kommunalen Wärmeplanung. Es wurde am 19. Juni 2023 in der Regionalausgabe der Kieler Nachrichten, der „Holsteiner Zeitung“, auf der Seite 33 abgedruckt. In diesem Interview erwähnt er, dass der kommunale Wärmeplan für Bordesholm so gut wie fertig sei: „Wir priorisieren grünes Gas und Wasserstoff. Wir wollen unser Erdgasnetz weiterhin nutzen, darin aber Biomethan-Gas zum Kunden transportieren. Das Konzept ist aus unserer Sicht sanft und flexibel.“
Angst vor der Wärmewende
Dieser Satz nimmt die Ängste vieler Menschen und auch vieler Energieversorgender vor einer radikalen Wende hin zu Wärmenetzen und Wärmepumpen auf und verspricht, auch weiter durch Verbrennung zu heizen. Dann können die Thermen einfach an der Wand hängen bleiben, denn „bei vielen Heizungen ist überhaupt kein neuer Brenner notwendig, weil die meisten auch mit grünem Gas laufen“.
Borderstep Mitgründer Dr. Jens Clausen, Projektleiter des Vorhabens „Keypoints der Wärmewende“ des Fördervereins von Scientists for Future e.V.:
Das klingt erstmal überzeugend. Aber was wäre, wenn alle oder auch nur viele Regionalversorgende diesen Weg einschlagen wollen? Wie würde sich die Produktion des dafür nötigen Biogases auf die Landwirtschaft und die Flächennutzung auswirken? Wieviel Strom müsste produziert werden, um die notwendige Wärmemenge durch Wasserstoff bereitstellen zu können? Um den Flächenbedarf und die Kosten zu konkretisieren, haben wir das in unserer Studie am Beispiel Bordesholm exemplarisch nachgerechnet.
Am Beispiel der Stadt Bordesholm mit einer Fläche von ca. 10 km2 und des Amtes Bordesholm mit 14 Gemeinden und einer Fläche von 99 km2 zeigt diese Studie Konsequenzen auf. Eine Reihe von Zahlen wurde errechnet:
Biogasproduktion statt Futtermittelanbau?
Die Umstellung auf Biogas erfordert im Szenario der Studie, in Zukunft 48 % der Ackerfläche mit Silomais zu bebauen. Dadurch stünde zukünftig kaum noch Fläche für den Futtermittelanbau zur Verfügung. Zudem ist Biogas aufgrund der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft nicht klimaneutral und die Maisernte ist abhängig von der Verfügbarkeit von Grundwasser für die Bewässerung.
Hohe Investitionen in zusätzliche Stromerzeugung für die Wasserstoffproduktion
Eine Alternative scheint die Umstellung der Gasversorgung auf Wasserstoff zu sein. Sie erfordert jedoch hohe Investitionen in zusätzliche Stromerzeugung mit Wind oder Solar, Elektrolyseanlagen, einen Wasserstoffspeicher und überall dort neue Heizthermen, wo diese nicht wirklich H2-Ready sind. Aufgrund der geringen Energiedichte von Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas ist es unter Umständen auch notwendig, das Gasnetz auszubauen.
Borderstep Mitgründer Dr. Jens Clausen:
Die in der öffentlichen Debatte wenig geliebte Wärmepumpe steht in diesem Vergleich recht gut da. Ihr Betrieb erfordert eine im Vergleich zu Wasserstoff sehr geringe Stromproduktion und die Investitionskosten für die Ausstattung aller Gebäude der Stadt mit Wärmepumpen dürften deutlich niedriger liegen als die für die Wasserstoffproduktion- und Verteilung.