Abwärmenutzung von Rechenzentren praktikabel machen
Dass Rechenzentren eine alternative Wärmequelle darstellen, die es dringend zu nutzen gilt, ist unbestritten. Doch bei den technischen Bedingungen, durch die eine Abwärmenutzung erst praktikabel wird, sind noch viele Fragen offen.
Welche Hürden es zu nehmen gilt, um die Abwärmenutzung voranzutreiben, erläutern die Autoren Dr. Ralph Hintemann, Simon Hinterholzer, Alexej Paul und Constantin Völzel.
Der Artikel Abwärmenutzung von Rechenzentren praktikabel machen ist in der aktuellen iX erschienen.
Hintergrund
Die voranschreitende Digitalisierung führt dazu, dass immer mehr und immer größere Rechenzentren errichtet werden, die immer mehr Energie benötigen. Im vergangenen Jahrzehnt stieg der Stromverbrauch der Rechenzentren in Europa um 55 Prozent auf insgesamt 87 Mrd. kWh.
In Deutschland liegt der Stromverbrauch im Jahr 2021 bei 17 Mrd. kWh. Das ist mehr, als die gesamte Stadt Berlin an Strom verbraucht. Dieser Strom wird in den Servern und anderen Geräten in Rechenzentren in Wärme umgewandelt, die dann meist mit zusätzlichem Aufwand an die Außenluft abgegeben wird. Wärmebedarf in Gebäuden wird überwiegend aus fossilen Energieträgern gedeckt.
Wie lässt sich Abwärme aus Rechenzentren sinnvoll nutzen?
Bei luftgekühlten Rechenzentren beträgt das Temperaturniveau, auf dem die Wärme das Rechenzentrum verlässt, meist weniger als 35 °C. Dennoch ist der Ansatz, diese Wärme einer Verwendung zuzuführen, aus mehreren Gründen interessant:
- Zum Ersten wird der Wärmebedarf in Gebäuden und Anlagen heute noch zu großen Teilen aus fossilen Energieträgern gedeckt; der Anteil erneuerbarer Energien liegt im Bereich Wärme und Kälte im Jahr 2021 bei nur 16,5 Prozent. In Zukunft sollte insbesondere aus Klimaschutzgründen die nachhaltige und regenerative Wärmeversorgung deutlich intensiviert werden. Mit diesem Ziel fördert die Bundesregierung über die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) ab 2022 den Aus- und Umbau von Wärmenetzen.
- Zum Zweiten erfolgt der Auf- und Ausbau neuer Rechenzentren mit einer hohen Geschwindigkeit. Der Neubau von Rechenzentren könnte so geplant werden, dass eine Nutzung der Wärme in der Umgebung in möglichst vielen Fällen realisierbar wird. Insbesondere in Ballungszentren wie dem Rechenzentrumshotspot Frankfurt a.M., in dem mehr als 20 Prozent des Strombedarfs durch Rechenzentren verursacht werden, ist eine Versorgung von Wohn- und Gewerbegebäuden mit Wärme besonders attraktiv. Sowohl auf Ebene der EU als auch auf Bundesebene wird daher angestrebt, in Zukunft die Abwärmenutzung aus Rechenzentren deutlich auszubauen.
- Zum Dritten ermöglichen es neue Technologien, die Effizienz der Wärmenutzung deutlich zu erhöhen. So verlässt bei einer Heißwasserkühlung von Servern die Wärme das Rechenzentrum auf einem hohen Temperaturniveau von 60 °C und mehr. Damit werden vielfältige Nutzungen bis hin zur Kälteerzeugung mit Hilfe von Adsorptionskältemaschinen wirtschaftlich attraktiv. Bislang erfolgt die Nutzung von Abwärme aus Rechenzentren in Deutschland jedoch nur in Ausnahmefällen. Gründe dafür sind neben vielfältigen organisatorischen Herausforderungen insbesondere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Das vollständige Hintergrundpapier Wirtschaftlichkeit der Abwärmenutzung aus Rechenzentren in Deutschland steht kostenlos zum Download zur Verfügung.